Mit zunehmender Vergleichbarkeit von Produkten und Dienstleistungen sind es Feinheiten, auf die es in der Beziehung zum Kunden ankommt. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Emotionen?
In jedem Geschäftsmodell sind es die Details, auf die es ankommt. In einer Branche machen – grob betrachtet – alle Akteure das Gleiche.
In Deutschland sind die Voraussetzungen für erfolgreiches konventionelles Banking relativ schlecht. Zwar können sich die Institute billigst über Notenbanken refinanzieren, aber dafür werden die Regulierungsauflagen immer härter. Niedrig- und Strafzinsen tun das Übrige. So wird es auch für die Sparkassen, sofern man im alten Geschäftsmodell bleibt, immer schwieriger, das Gute im Schlechten zu finden.
Das entbindet aber keinen Sparkassenvorstand von der Pflicht, die Sichtweise seiner Kunden zu verstehen und zu erkennen, dass nicht alles „Alte“ schlecht ist: Für viele Kunden ist es beispielsweise wertvoll, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben, der den eigenen Dialekt spricht und mit regionalen Besonderheiten vertraut ist.
Es ist die Synthese aus alten Stärken und neuen Ideen, Methoden und Technologien, die als Grundlagen für eine Optimierung von Geschäftsmodellen genommen werden sollte.
Emotionen bzw. Empathie spielen dabei ebenfalls eine zentrale Rolle: Ohne ein gutes Gefühl entscheidet man sich nicht so gern wie eben mit diesem guten Gefühl. Integraler Bestandteil einer exzellenten Kundenkommunikation sind somit neben allen Daten und Fakten auch die Zutaten „Emotionen“ und „Empathie“. Ohne die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die der Kunden zumindest partiell zu lenken, wird es schwierig, die gesetzten Vertriebsziele und damit auch eine langfristige Beziehung zum Kunden zu erreichen.
Sie reden von unserer Gesellschaft als Hybrid-Gesellschaft, in der sich Online- und Offline-Aktivitäten sinnvoll ergänzen sollten. Wie könnte für die Sparkassen ein optimaler Vermarktungsprozess für eine solche Hybrid-Gesellschaft aussehen?
Für die Sparkassen lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten, da Sparkassen bereits ansatzweise hybrid sind: Sie haben sowohl stationäre Filialen in ihrer jeweiligen Region als auch Online-Kanäle. Aber auch hier kommt es auf die Details an, auf deren Basis neue und nachhaltig rentable Vermarktungsprozesse zu kreieren sind. In meiner Beratungspraxis erlebe ich immer wieder, dass auch Konzerne Schwierigkeiten damit haben, ihre jeweiligen Stärkenpotenziale zu erkennen und zu entwickeln. Stattdessen holen sie sich lieber beim erfolgreichen Wettbewerber Inspiration. Dies ist zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Schritt zur Entwicklung eines zukunftsfähigen Geschäftsmodells oder einer überlegenen Vertriebsstrategie.
"Auch Konzerne haben Schwierigkeiten damit, ihre Stärkenpotenziale zu erkennen und zu entwickeln. Oft holen sie sich beim erfolgreichen Wettbewerber Inspiration - ein wichtiger, aber nicht der einzige Schritt zur Entwicklung eines zukunftsfähigen Geschäftsmodells oder einer überlegenen Vertriebsstrategie."
Der Schraubenhersteller Würth hatte es zuletzt geschafft, einen Online-Shop mit all seinen regionalen Filialen-Warenlagern bzw. stationären Shops zu verbinden, sodass sich ein Kunde ein spezifisches Befestigungsmaterial online aussuchen und in der Filiale abholen kann. Dem vorausgegangen war die Erkenntnis, dass vielen Kunden der Versandweg einfach zu lange dauert.
Amazon versucht seit geraumer Zeit ebenfalls online mit stationär zu verbinden und lernt mit großer Geschwindigkeit. Media Markt und Saturn verfolgen dieses Prinzip schon länger und hatten mit relativ einfachen Konzepten recht große Erfolge. Ihr Beispiel ließ die Wettbewerber aber nachrüsten, sodass der ursprüngliche Wettbewerbsvorteil aufgezehrt wurde. Derzeit wird hier wieder an neuen Konzepten gearbeitet.
Der deduktive Schluss aus alledem kann nur sein, dass man sich keinen für alle geltenden „optimalen Vermarktungsprozess“ für Sparkassen aus dem Ärmel schütteln kann. Ich warne auch davor, die Sparkassen als homogene Masse zu betrachten, denn in meiner Wahrnehmung unterscheiden sich diese durch jeweils individuelle Stärken und Schwächen – das beginnt schon bei der zu bearbeitenden Region und der jeweils eigenen Historie.
Im Kern haben die Sparkassen aber viel gemeinsam, sodass ein Teil eines „optimalen Vermarktungsprozesses“ vom Dachverband entwickelt werden müsste, von der dann die jeweiligen Individualstrategien abzuleiten wären. Jede Sparkasse ist für ihren jeweiligen Erfolg schließlich nach wie vor selbst verantwortlich.
Herr Franken, vielen Dank für das Gespräch!