Nummer 1/1. Quartal 2019
Drei Fragen an Professor Dr. Katharina Hölzle


Innovationskraft das einzige, was zählt

Ein zentrales Thema in der deutschen Wirtschaft ist Innovationskraft. Die Digitalisierung hat diese Anforderung an Unternehmen und ihre Mitarbeiter noch verstärkt. Doch welche Voraussetzungen benötigen Mitarbeiter im Unternehmen, um Innovationskraft zu entfalten? Professor Katharina Hölzle, Inhaberin des Lehrstuhls für Innovationsmanagement und Entrepreneurship an der Universität Potsdam, über unternehmerische Voraussetzungen, Tradition und Innovationstreiber.

Frau Professor Hölzle, ein zentrales Thema in der deutschen Wirtschaft ist Innovationskraft. Schlagwörter sind: unternehmerisch Denken, agil handeln, kreativ werden. Welche Voraussetzungen benötigen Mitarbeiter im Unternehmen, um Innovationskraft zu entfalten?

Die wichtigste Bedingung, um unternehmerisch in einer bestehenden Organisationsstruktur zu denken und zu handeln, ist das Wissen darum, dass meine Ideen und Vorschläge gewünscht sind. Es geht also um Vertrauen, welches mir als Mitarbeiter entgegen gebracht wird. Nur so kann Kreativität überhaupt erst entstehen; ich muss das Gefühl haben, meine Meinung ist willkommen. Das ist das Fundament für eine Unternehmenskultur, die Innovationen entstehen lässt. Aus diesem Vertrauen heraus müssen dann Freiräume geschaffen werden, in denen anders gedacht werden darf. Diese Freiräume sind zeitlicher, finanzieller und unterstützender Art. Sie müssen immer auf die vorhandene Organisation abgestimmt werden. Wenn Mitarbeiter zu 100 Prozent oder darüber hinaus ins operative Tagesgeschäft eingebunden sind, können sie nicht „out-of-the-box“-denken oder Dinge „einfach mal ausprobieren“. Sie müssen das Gefühl haben, das Unternehmen ist interessiert an ihnen und ihren Ideen. „Wertschätzung“ ist hier das Stichwort.
 

„Wenn die Mitarbeiter zu 100 Prozent oder darüber hinaus ins operative Tagesgeschäft eingebunden sind, können sie nicht „out-of-the-box“-denken oder Dinge „einfach mal ausprobieren".“

  

Daneben müssen die Fähigkeiten und die Möglichkeiten, kreativ zu sein, vom Unternehmen zur Verfügung gestellt bzw. unterstützt werden. Hier gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Seien es Kreativitätsmethoden, agile, scrum oder lean Methoden, sei es Design Thinking oder Open Innovation. Dies sollte in Hinblick auf das Endprodukt und das Gesamtsystem, in welchem sich das Unternehmen befindet, entschieden werden.

Aber egal für welchen Ansatz sich das Unternehmen entscheidet, zwei Dinge müssen immer erfüllt sein: 1. Das Management – also die Leitung – steht voll dahinter und wendet diese Methoden selber an und 2. die organisationalen Implikationen, die das Einführen eines solchen Ansatzes mit sich bringt, müssen von Anfang mitgedacht und explizit adressiert werden. Diese neuen Denkweisen bedeuten nämlich immer ein in Frage stellen existierender Machtstrukturen und eingefahrener Prozesse. Das bringt Unruhe und Unsicherheit ins Unternehmen. Diese Aspekte müssen adressiert werden.



Die Finanzdienstleistungsbranche ist eine sehr traditionelle Branche. Fällt es, Ihrer Meinung nach, solch traditionellen Branchen schwerer, diese Voraussetzungen zu erfüllen?
 
Wie oben bereits angesprochen erfordern Kreativität und Innovation offene und vertrauensvolle Unternehmenskulturen. Gleichzeitig beinhaltet unternehmerisch denken auch immer ein recht großes Risiko zu scheitern. Beide Aspekte sind in der Finanzdienstleistungsbranche im Zweifel nicht gerne gesehen und die Branche ist nicht notwendigerweise dafür bekannt, hier Vorreiter zu sein. Also ja, die Voraussetzungen sind vermutlich nicht die Besten. Allerdings zeigt meine Erfahrung mit der Branche, dass es beide Seiten gibt. Der Chef, der mit großem Brimborium ein „Innovation Lab" einführt, nur um den neu eingestellten, jungen und kreativen Mitarbeitern mit der Faust auf dem Tisch klarzumachen, dass immer noch er den letzten Satz hat. Oder das inhabergeführte Unternehmen, bei dem der Inhaber absoluter Fan von Design Thinking wurde und voller Konsequenz das gesamte Unternehmen kundenzentriert und unternehmerisch umgestaltet hat.

„Tradition kann also sowohl Befähiger als auch Bremser sein. Wichtig für mich sind absolutes Commitment und die Bereitschaft, Zeit und Geld in die Hand zu nehmen."


Tradition kann also sowohl Befähiger als auch Bremser sein. Wichtig für mich sind wieder zwei zentrale Dinge: Erstens, absolutes Commitment, das Unternehmen zukunfts- und innovationsfähig zu machen und damit, zweitens, die Bereitschaft, Zeit und Geld in die Hand zu nehmen, um diesen Wandel durchzuführen. Dieser Wandel ist nie „einfach so“ und schnell gemacht, sondern braucht Zeit und durchaus Leidensfähigkeit.


Ihr Zukunftstipp: Welche Rolle sollte Innovationsfähigkeit in der Sparkassen-Finanzgruppe spielen?

Ohne Innovatonsfähigkeit wird es die Sparkassen-Finanzgruppe in einigen Jahren nicht mehr geben. Innovationsfähigkeit gibt es aber nicht einfach zu kaufen, aus dem Handbuch oder wird nebenbei gemacht. Wenn die Sparkassen-Finanzgruppe auch in Zukunft junge und alte Kunden halten und neu gewinnen will, muss sie aktiv die drei Innovationstreiber Technologie, Markt und Nutzerbedürfnisse angehen.
 

„Wenn die Sparkassen-Finanzgruppe auch in Zukunft junge und alte Kunden halten und neu gewinnen will, muss sie aktiv die drei Innovationstreiber Technologie, Markt und Nutzerbedürfnisse angehen."

   
Frau Professor Hölzle, vielen Dank für das Gespräch!

 

 

Professor Dr. Katharina Hölzle

ist Diplom-Wirtschaftsingenieurin und Inhaberin des Lehrstuhls für Innovationsmanagement und Entrepreneurship an der Universität Potsdam. Sie arbeitete bei Infineon Technologies, Cap Gemini und einem amerikanischem Start-up-Unternehmen. 2008 promovierte sie an der TU Berlin, arbeitete dort als Junior-Professorin und habilitierte im Jahr 2011. 

Hölzle lehrt Entrepreneurship, Innovations- und Technologiemanagement im Bachelor-, Master und Executive Masterbereich an nationalen und internationalen Universitäten. Zudem ist sie seit 2009 Coach an der HPI School of Design Thinking in Potsdam sowie Mitglied des Design Thinking Research Programmes. Auch als Visiting Professor an der University of International Business and Economics (UIBE), Peking, sowie der UTS Business School und Macquarie Graduate School of Management (MGSM), Sydney, ist sie gefragt. Seit 2015 ist sie Herausgeberin der Zeitschrift Creativity and Innovation Management (CIM) und seit 2018 Mitglied der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), welche die Bundesregierung berät. Ihre Forschungsgebiete sind die Umsetzung von Kreativität und Innovation in Unternehmen, Design Thinking, Digitalisierung, Geschäftsmodellinnovation und Strategic Foresight. Sie berät Unternehmen in Fragen des strategischen Technologie- und Innovationsmanagements und ist als Mentorin für Start-up-Unternehmen tätig.

katharina.hoelzle@​ime.uni-potsdam.de
Webseite Uni Potsdam



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