ZUKUNFTunternehmen
Digitalisierung
Industrie 4.0 - kaum noch Zukunftsmusik

Der Mittelstand ist schlecht vorbereitet

Eine Analyse des Stuttgarter Beratungskonzerns Ernst & Young (EY) warnt vor einer Zweiklassengesellschaft bei der Digitalisierung des deutschen Mittelstandes. Jeder dritte Mittelständler scheitert laut der Studie bei dem Versuch, stärker auf den Trend der Digitalisierung zu setzen. Sei es aufgrund zu geringer Budgets oder aufgrund von Fachkräftemangel beziehungsweise fehlendem Know-how im eigenen Betrieb. Dabei könnten gerade kleine Mittelständler von digitalen Lösungen profitieren. Das betrifft beispielsweise Online-Bezahlsysteme, die Kundenbetreuung per Smartphone-App oder intelligente Logistik und Produktion, hier unter anderem automatische Verschleiß- und Wartungshinweise. Die Studie ist im März 2016 veröffentlicht worden. Sie umfasst 3.000 Betriebe und ist laut EY repräsentativ.
 
Viel Potenzial
Die Analyse deckt sich mit dem Befund des IT-Branchenverbandes Bitkom. Als „alarmierend“ bezeichnete Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder anlässlich der Eröffnung der diesjährigen CeBIT den Rückstand der Digitalisierung bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Die Defizite zeigten sich bereits in der alltäglichen Kommunikation. So spielten bei vier von fünf Firmen Faxgeräte noch eine große Rolle. Kunden- oder Mitarbeiterportale und soziale Netzwerke würden von weniger als einem Drittel der Betriebe genutzt. Bitkom hat einen Praxisleitfaden veröffentlicht, der Inhabern und Führungskräften von mittelständischen Unternehmen Berührungsängste nehmen soll.
 
Eine Strategie ist wichtig – für jeden von uns!
Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unser Leben und damit unseren Alltag? Das konkretisiert eine Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie anhand aussagekräftiger Kennzahlen. Hier wird deutlich: Digitalisierung geht uns alle an.
 
Kontaktlos zahlen - bequem und sicher

Kontaktlos zahlen: Werden Sie als Händler tätig

Sicher und bequem kontaktlos zahlen
Sowohl die Kartenzahlung im Ladengeschäft als auch der Einkauf im Internetshop mit den verschiedenen Bezahlmöglichkeiten sind Teil unserer Gegenwart. Und die technische Entwicklung geht weiter. Die Sparkassenorganisation hat alle SparkassenCards mit der Kontaktlos-Technologie "NFC" (=Near Field Communication) ausgestattet. Das bedeutet, dass Kunden ihre Zahlungen bis 25 Euro mit ihrer SparkassenCard bequem und sicher ohne Eingabe einer PIN oder Unterschrift leisten können. Warum ist das gerade für Händler mit Kleinbetragszahlungen interessant? Sie sparen viel Geld, denn bis fünf Euro ist die Zahlung für den Händler preisfrei. Und auch zwischen fünf und 25 Euro fällt nur ein Bruchteil der Kosten im Vergleich zur "normalen" Kartenzahlung an. Zusätzlich sparen Sie bei der Verwaltung des Bargelds.

Warum sollten Sie als Händler jetzt tätig werden?
Die Sparkasse Hannover wird Mitte des Jahres allen Kunden das kontaktlose Zahlverfahren vorstellen und einen automatischen Ladevertrag zur Verfügung stellen. Damit kann das kontaktlose Zahlen noch einfacher genutzt werden. Aus diesem Grund werden wir zeitnah alle Händler ansprechen, die noch kein Kartenterminal mit NFC-Technologie nutzen und tauschen dieses um. So können zukünftig auch Zahlungen per kontaktloser Kreditkarte, Smartphone oder Smartwatch (sogenannten „Wearables“) abgewickelt werden.
Wir beraten Sie gern zum Thema "kontaktloses Zahlen". Sprechen Sie Ihren Berater an oder wählen Sie die 0511 3000-6030. Kolleginnen und Kollegen der Fachberatung Zahlungssysteme stehen Ihnen zur Verfügung. Mehr dazu im Internetauftritt der Sparkasse Hannover.

paydirekt kommt!
Und für Ihren Internetshop bieten wir schon bald das deutschlandweit einheitliche Zahlverfahren paydirekt an. So viel sei schon mal verraten: Günstiger und sicherer können Sie und Ihre Kunden im Internet nicht handeln. Wir informieren Sie.
 
Michael Frankenberg, geschäftsführender Gesellschafter der HaCon Ingenieurgesellschaft mbH

HaCon: „Was Sie auf der Navigator App sehen, ist ja nur die Spitze des digitalen Eisbergs.“

Der geschäftsführende Gesellschafter der HaCon Ingenieurgesellschaft mbH, Michael Frankenberg, sitzt in seinem Büro im Podbi-Park zwischen Bobbycars im ICE-Design und fühlt sich offenbar auch in der analogen Welt ganz zu Hause. Auf die Kinderfahrzeuge angesprochen, erklärt der Informatiker, dass diese beim letzten Kundenevent dazu gedient haben, die Datenströme für die Nutzer sichtbar, die Dienstleistung von HaCon greifbar zu machen. „Wenn man so wie wir ein eigentlich trockenes Produkt verkauft, dann muss man sich halt etwas mehr anstrengen, um die Kunden zu begeistern.“ HaCon habe deshalb bei der Veranstaltung eine Bahnhofshalle simuliert und die Teilnehmer zum Mitspielen animiert.
Auch die Zukunftsvision, die Michael Frankenberg beschreibt, ist eine analoge: „Als überzeugter Stadtbewohner träume ich von einer Stadt ohne Blech.“ Als Frankenberg erläutert, was diese Vision mit dem Unternehmen HaCon zu tun hat, wird seine Begeisterung spürbar. „Wir glauben daran, dass gut verknüpften Mobilitätslösungen die Zukunft gehört. Es wird Apps geben, die das für uns organisieren.“ Wer mit Raumschiff Enterprise aufgewachsen sei wie er, der fühle sich dabei an „Beam me up, Scotty“ erinnert. Für Michael Frankenberg ist das inzwischen ein durchaus realistisches Szenario. „In einigen Jahren werden selbstfahrende Autos mit Elektroantrieb ein ganz normaler Anblick für uns sein“, ist er überzeugt. In den USA sei man da gedanklich schon viel weiter als hier. Die App, von der Frankenberg träumt, sorge dafür, dass so ein selbstfahrendes Auto den Nutzer rechtzeitig vor einem Termin abholt und zum Bahnhof bringt. Die aktuelle Verkehrslage sei dabei natürlich eingerechnet. „Und da wir Sie mit Hilfe der App ganz genau lokalisieren können, kann das Fahrzeug Sie nicht nur zum Bahnhof, sondern dort auch auf den Bahnsteig und genau zu dem Wagen bringen, in dem für Sie ein Platz reserviert ist.“

Beam me up, Scotty!
Klar, dass ein eigenes Auto bei diesem Szenario überflüssig ist. Da erscheint Frankenbergs Idee, Parkplätze in Grünflächen umzuwandeln, realistisch. Doch stellt sich ein leichtes Unbehagen ein bei dem Gedanken, die App könne mich jederzeit lokalisieren. Wie hält HaCon es mit dem Datenschutz? „Es ist doch auch heute schon so, dass Ihnen die Navigator App der Deutschen Bahn den Fußweg vom Bahnhof an Ihren Zielort zeigt, wenn Sie ihr erlauben, Sie zu lokalisieren. Das ist insofern gar nichts Neues.“ HaCon arbeitet nur daran, diese Lokalisierung zu präzisieren.
„Daten sind das neue Öl“, zitiert Frankenberg einen Leitspruch der „New Economy“ und erklärt weiter: „Dabei geht es uns aber nicht darum, die Daten Einzelner abzugreifen und etwa für Werbung oder dergleichen zu nutzen. Was unsere Kunden brauchen, sind große Datenmengen, die anonymisiert verarbeitet werden können“. HaCon stellt seinen Kunden die Technik zur Verfügung, um diese „Big Data“ zum Nutzen der Endverbraucher auszuwerten. Dabei geht es etwa um ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch Großveranstaltungen oder den Ferienbeginn. Bahnunternehmen können auf diese Information beispielsweise mit dem Einsatz zusätzlicher Züge reagieren.

Freiraum für Ideen
Zu den Kunden von HaCon zählen neben der Deutschen Bahn zahlreiche Eisenbahngesellschaften und Verkehrsverbünde aus der ganzen Welt. „Wir müssen als mittelständisches Unternehmen unseren Kunden, die ja allesamt größer sind als wir, immer einen Schritt voraus sein“, berichtet Frankenberg. HaCon hat mit seinem Mobility Lab in Berlin deshalb einen eigenen Think Tank gegründet. Außerdem hat das Unternehmen Büros in Paris und London. Aber auch in der alten Bahlsen-Keksfabrik im hannoverschen Stadtteil List steht die Förderung kreativer Ideen weit oben auf der Agenda. „Viele unserer Entwickler haben auch Kundenkontakt“, so Frankenberg. Das Unternehmen setzt auf Vertrauensarbeitszeiten. Eine Mitgliedschaft im benachbarten Fitnessstudio ist fester Gehaltsbestandteil. Und wer lieber beim Joggen im nahen Stadtwald nachdenkt als am Schreibtisch, der darf das gerne tun. So entsteht Freiraum für eigene Ideen.
Freiraum bietet dem Unternehmen auch die Zusammenarbeit mit der Sparkasse. „Seit 30 Jahren ist die Sparkasse Hannover für HaCon ein Dienstleister im besten Sinne“, so der kaufmännische Geschäftsführer Peter Talke. „Besonders im Auslandsgeschäft, wo wir im Zuge von Ausschreibungen manchmal unter erheblichem Zeitdruck Bürgschaften oder Avale benötigen, läuft das mit der Sparkasse immer top.“ Talke lobt insbesondere die unaufdringliche Professionalität der Berater.

Abenteuerlust und Unternehmergeist
Nach den Zukunftsplänen des Unternehmens befragt, bekennt Frankenberg freimütig: „Wo wir in 5 Jahren stehen, das wissen wir nicht, und das finden wir auch gut so.“ Ein wenig Abenteuerlust und Freude am Ungewissen gehört wohl zum Unternehmergeist dazu. Was Michael Frankenberg aber weiß: Digitalisierung ist weit mehr als nur die Entwicklung von Apps für Endverbraucher. „Um für unsere Kunden die Vorteile der Digitalisierung nutzbar zu machen, müssen wir alle Prozesse in den Unternehmen digitalisieren und optimieren.“ Das beginnt bei der Digitalisierung der Kursbücher, mit der das Unternehmen 1984 gestartet ist, und hört bei der elektronischen Fahrplanauskunft noch lange nicht auf.
Übrigens ist bei HaCon nicht in Vergessenheit geraten, wo die Grenzen des Digitalen liegen. „Ich spreche viel mehr als ich tippe.“ Den Kontakt zu Kunden und Geschäftspartnern pflegt Michael Frankenberg am liebsten persönlich. Zwei bis drei Tage in der Woche ist er dafür unterwegs. „Und ein analoges Bier schmeckt mir einfach besser als ein digitales.“ Umso besser also, dass Frankenberg überzeugter Bahnfahrer ist!
 
Die CeBIT bot viele Informationen.

Neues von der CeBIT

In Sachen Digitalisierung gilt: „Friss oder stirb“. Wenn Unternehmen nicht auf der Strecke bleiben wollen, müssen sie sich neu aufstellen. Wie genau, konnten sie jüngst auf der Leitmesse CeBIT in Hannover erfahren. Wer die Logistik der Zukunft sehen will, muss nach Wolfsburg fahren. In der Werkslogistik von Volkswagen gehören Datenbrillen zum Standard-Accessoire. Die Mitarbeiter bekommen alle notwendigen Informationen wie Entnahmeplatz oder Teilenummer eingeblendet. Die Kamera an der Brille dient zudem als Barcode-Scanner: Greift der Arbeiter das richtige Teil, erscheint der Barcode grün. Bei Rot hat er sich vergriffen. Bedient wird per Fingerabdruck oder Spracherkennung. So haben Mitarbeiter die Hände immer frei, alle wichtigen Informationen zur Hand und wissen genau, was zu tun ist.
 
Solche Wearables genannten Geräte am Körper sind ein Baustein der Digitalisierung, um Arbeitsprozesse zu vereinfachen. Eine gemeinsame Studie des Cloud-Anbieters Rackspace mit der University of London kam zu dem Schluss, dass Wearables am Arbeitsplatz die Produktivität der Mitarbeiter um 8,5 Prozent steigern und ihre Arbeitszufriedenheit um 3,5 Prozent.
 
Dies war eines von vielen Themen auf der diesjährigen CeBIT in Hannover. Außerdem ging es auf der weltgrößten IT-Messe Mitte März vor allem um das Internet der Dinge, Cloud Computing, Data Analytics, Cybersecurity und Ressourcenplanung. „Jeden Tag wurden eine Million Geschäftsgespräche auf dem Messegelände geführt“, bilanziert Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG.
 
Die voranschreitende Digitalisierung macht es für Mittelständler auch dringend nötig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Keine Branche ist schließlich davor sicher, dass ihr Geschäftsmodell unter Druck gerät, betont Oliver Grün, Präsident des Bundesverbands IT-Mittelstand: „Ein Blick in das Hotelgewerbe zeigt, wie schnell eine Branche sich durch digitale Konkurrenz von Airbnb verändert und es für etablierte Unternehmen bergab gehen kann.“ Jedes Unternehmen muss sich fragen: Kann ich in fünf Jahren mein Geld noch so verdienen wie heute? Aber auch: Welche Chancen ergeben sich durch die Digitalisierung für mein Geschäft?
 
Inspiration bot die CeBIT zur Genüge – sogar für Vertreter so althergebrachter Branchen wie dem Weinbau. Intel zeigte etwa anhand eines Miniatur-Weinbergs, wie Winzer zukünftig arbeiten könnten. Dank einer solarbetriebenen Sensorstation sollen sie über ihr Smartphone stets über den Reifegrad der Reben informiert sein.
 
Die Reben sind ein Beispiel dafür, was sich alles mit der Cloud verbinden lässt. Dieses „Internet der Dinge“ birgt enormes Potenzial. Die Unternehmensberatung McKinsey hat errechnet, dass die voranschreitende Vernetzung von „Dingen“ bis 2025 einen Mehrwert von weltweit bis zu elf Billionen US-Dollar schaffen kann. Ebenso ein großes Thema ist Big Data: Laut dem Marktforscher Gartner investieren hierin aktuell drei Viertel der Unternehmen oder sie planen dies in den nächsten zwei Jahren. Welche Möglichkeiten sich hieraus ergeben, zeigten die Forscher des Hasso-Plattner-Instituts: Sie stellten eine Software vor, die Kommentare in Social-Media-Kanälen analysiert, um potenzielle neue Kunden auszuloten.
 
Frische Ideen boten vor allem die 400 Start-ups auf der CeBIT. Allein 300 davon waren im Bereich „Scale 11“ vertreten. Komplett in Schiffs- und Hafenoptik gekleidet, sollte dieser Bereich die wendigen Schnellboote der Jungunternehmen mit den schweren Tankern etablierter Unternehmen zusammenbringen. Welche Früchte die Zusammenarbeit tragen kann, zeigte die Deutsche Bahn. In Kooperation mit einem Jungunternehmen entwickelte sie ein System, das anhand der Schienengeräusche zuverlässig die Entfernung eines herannahenden Zuges vorhersagen kann. Das macht die Verkabelung hinfällig, sodass sich Schranken für die Hälfte der Kosten betreiben lassen. Gerade angesichts der schnelllebigen Digitalisierung sind solche Projekte wichtig, mahnt Oliver Grün vom Bundesverband IT-Mittelstand: „Verwehren sich Unternehmen dieser Veränderung, werden sie abgehängt.“
Dr. Marc-Oliver Reeh, Geschäftsführer des Center for NFC Management an der Leibniz-Universität Hannover

Dr. Marc-Oliver Reeh zur Bedeutung von Digitalisierung für den Mittelstand

Mittelständler haben die Wahl: sie nutzen die Digitalisierung für sich – oder lassen sich durch sie verdrängen. Damit das nicht passiert, berät sie Dr. Marc-Oliver Reeh. Der Geschäftsführer des Center for NFC Management an der Leibniz-Universität Hannover erklärt, was die Digitalisierung für den Mittelstand bedeutet und wie er davon profitiert.

Ist die Digitalisierung eher Chance oder Risiko für den deutschen Mittelstand?
Auf jeden Fall eine Chance. Industrieunternehmen können etwa durch Vernetzung und Automatisierung ihre Prozesse optimieren. Und lokale Händler können über neue Kommunikationskanäle zusätzliche Kunden erreichen.
 
Eine Möglichkeit hierzu ist die Near Field Communication. Am Institut für Marketing und Management von Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann an der Leibniz-Universität beraten Sie hierin Unternehmen. Warum haben Sie sich gerade darauf spezialisiert?
Weil wir darin eine vielversprechende Technologie sehen. Indem Sie Ihr Smartphone an einen Berührungspunkt – einen sogenannten NFC-Tag – halten, können Sie bargeldlos bezahlen, Eintrittskarten einlösen oder weitere Informationen zu einem Produkt bekommen. 2005 hatten wir am Institut ein Forschungsprojekt zu NFC und daraufhin das Center for NFC Management gegründet.
 
Wie helfen Sie Unternehmen konkret?
Wir zeigen Händlern zum Beispiel, wie sie außer QR-Codes an Displays auch NFC-Tags einrichten können, über die Kunden etwa Gutscheine oder Ähnliches auf ihr Handy bekommen.
 
Deutsche Unternehmen scheinen solche Möglichkeiten aber kaum zu nutzen. In einer Umfrage des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung schätzten sich die Unternehmen beispielsweise als mittelmäßig digitalisiert ein. Woran liegt das?
Das Thema ist schlichtweg immer noch neu und es fehlt die Kompetenz in vielen Unternehmen. Sie wissen nicht, ob sie die nötige Technik beherrschen, welche Lösungen sie für sich nutzen und wie sie vorgehen sollen. Zudem ist die Digitalisierung für viele noch schwer fassbar. Und wenn etwas schwer zu fassen ist, dann ist es auch schwierig, die Geschäftsführung zu überzeugen, hierin zu investieren. Viele denken sich schlichtweg: Mein Geschäftsmodell funktioniert, die Digitalisierung ist ein Wagnis – und das sollen lieber andere eingehen.
 
Mit welchen Argumenten ließen sich denn die Geschäftsführer überzeugen?
Sie müssen sich klar werden, dass es Zeit ist, sich zu bewegen. Ich kann natürlich so weiter machen, wie bisher, aber irgendwann werden die Wettbewerber effizienter sein, zeitgemäßere Produkte und Services anbieten und ihre Kunden besser erreichen. Und das kann schnell gehen. Die Digitalisierung beschleunigt schließlich den Fortschritt und die Innovationszyklen werden immer kürzer. Da können Patente durch disruptive Lösungen schnell hinfällig werden. Airbnb ist ja nicht so erfolgreich, weil es bessere Hotels baut, sondern weil es ein neues, disruptives Angebot macht.
 
Spielen disruptive Technologien für den industriell geprägten Mittelstand überhaupt eine Rolle? Airbnb ist schließlich ein Beispiel aus dem Dienstleistungssektor.
Aber auch physische Produkte werden immer digitaler und vernetzter. Die Hightech-Firmen modeln herkömmliche Produkte um und ergänzen neue Services. Seien es Kühlschranke, die ans Internet angebunden sind, oder selbst fahrende Autos. Gerade die Autoindustrie ist traditionell deutsches Terrain, in das sich nun das Silicon Valley mischt.
 
Konnten Mittelständler denn Inspiration auf der CeBIT finden, um sich hiergegen zu wappnen?
In Halle 11 konnten sie die geballte Kompetenz der Start-up-Szene sehen und schauen, welche Technologien zu ihren Geschäftsmodellen passen, wo es kostengünstige und effiziente Lösungen gibt sowie Ansatzpunkte für eine Zusammenarbeit finden.
 
Aber spielen Start-ups für Mittelständler überhaupt eine Rolle?
Wenig. Bisher gehen vor allem Großkonzerne mit Inkubatoren voran, über die sie sich an Start-ups beteiligen und mit ihnen zusammen arbeiten. Mittelständlern fehlt es hierfür häufig an finanziellen Möglichkeiten, aber auch an Risikobereitschaft und Offenheit.
 
Wie lässt sich ein Umdenken etablieren?
Tatsächlich ändert sich schon etwas. Viele Unternehmen haben die strategische Relevanz erkannt und Digitalisierungsbeauftragte ernannt, um das Thema abteilungsübergreifend voranzutreiben. Allerdings braucht es auch eine passende Unternehmenskultur der Offenheit und Flexibilität, die die Führungskräfte vorleben müssen. Das lockt dann auch Digital Natives an, die es bisher mehr zu Start-ups zieht. Das machen sie vor allem deshalb, weil sie bewusst nicht in herkömmlichen Strukturen arbeiten möchten. Hier müssen Mittelständler gegensteuern.
 
Nun war mit Tesla das laut Forbes innovativste Unternehmen der Welt auf der CeBIT vertreten. Was konnten die Besucher von Tesla lernen?
Dass es sich lohnt, vor seiner Zeit zu sein. Dafür braucht es Durchhaltevermögen, die Bereitschaft, länger rote Zahlen zu schreiben und den Willen zum Erfolg. Wenn sie das alles mitbringen, dann können Unternehmen auch erfolgreich sein.
Da ist ein Pferdefuß! Jedenfalls die Röntgenaufnahme davon.

VetZ: Die Geschäftsidee kam per Zufall

„Das mit den Tierärzten war eigentlich Zufall.“ Die Antwort von Ingo Fraedrich auf die Frage nach seiner Kundenzielgruppe sorgt für Überraschung. Wenigstens hatte man damit gerechnet, dass Vater, Schwester oder Ehefrau im tiermedizinischen Bereich zu Hause sind. Warum sonst hätte der Elektroingenieur Ingo Fraedrich zusammen mit seinem Bruder Thomas, einem Bauingenieur, ein Unternehmen gründen sollen, das Software für Tierarztpraxen und Tierkliniken entwickelt?
„Wir haben während unseres Studiums in Hannover im Verbindungshaus des ARC (Akademischer Reitclub Hannover) gewohnt“, wird man aufgeklärt. „Für einen der Mieter habe ich damals – mehr als Hobby und noch unter MS-DOS – eine Software programmiert, mit der er die Kalkulationen für sein Start-up optimieren konnte.“ Ingo Fraedrich hat bis heute sichtlich Spaß an der Geschichte. „Ein anderer Kollege sah das und wollte es sofort für seine Tierarztpraxis adaptiert haben. Für mich wurde es da zu kompliziert, denn ich bin eigentlich kein Programmierer. Deshalb kam dann mein jüngerer Bruder ins Spiel.“

Digitale Integration
Das Gründerduo glaubt fest an die Sinnhaftigkeit der Digitalisierung. Wobei dieses Schlagwort bei der Veterinärmedizinisches Dienstleistungszentrum (VetZ) GmbH nicht einfach nur bedeutet, dass alle Prozesse digital abgebildet werden. „Echte Digitalisierung bedeutet für uns digitale Integration“, so Thomas Fraedrich (auf dem Foto rechts). Für die Produkte von VetZ heißt das, dass die gesamte Praxisverwaltung über eine einzige Oberfläche abgewickelt wird. Terminkoordination, Tierhalterstammdaten, Kommunikation, Rechnungsstellung oder die Integration bildgebender Verfahren – easyVet integriert alle Bedürfnisse einer Tierarztpraxis oder –klinik unter einer einzigen Oberfläche, und das mit bis zu 500 Arbeitsplätzen.
„Eine Digitalkamera ist noch keine Digitalisierung“, erklärt der ältere Bruder beispielhaft, während der jüngere zustimmend nickt. Natürlich müsse auch die Ablage der Fotos digital geschehen, und das Betrachten der Bilder auf dem Monitor gehöre ebenfalls dazu. Dass man dafür nicht zahlreiche verschiedene Programme öffnen muss, sondern auf alles in einem System zugreifen kann, ist für Ingo Fraedrich selbstverständlich. Als Beispiel erwähnt er das berühmte Unternehmen mit dem Apfel-Logo aus dem kalifornischen Cupertino.
Auch bei VetZ in Kirchhorst läuft alles digital. Papier gibt es hier nur noch, soweit es erforderlich ist. Im Posteingang wird jedes Dokument gescannt. Und von der Aufgabenliste über die interne und externe Kommunikation bis hin zur Kalkulation, Kundenverwaltung oder Zeiterfassung: Zettelwirtschaft sucht man hier vergeblich. Die hauseigene Software hat Thomas Fraedrich bedürfnisgerecht selbst programmiert.

Vertrauen und klare Zuständigkeiten
Fast zwanzig Jahre nach der Programmierung der ersten Software sitzen die Brüder einträchtig miteinander am Tisch. Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, wissen auch die beiden Gründer und Geschäftsführer der VetZ GmbH im Isernhagener Gewerbegebiet Kirchhorst ganz genau. Was haben die Fraedrichs also richtig gemacht? Sie haben zum einen die Verantwortungsbereiche klar getrennt. Ingo Fraedrich ist für den Vertrieb zuständig, Thomas Fraedrich für alles Technische. Zum anderen vertrauen sie einander und verstehen sich auch privat immer noch gut. So können sie nach einer Geschäftsreise in die USA auch ein paar freie Tage beim Skifahren in Colorado zusammen genießen.
Ursprünglich war es keineswegs geplant, dass die Brüder zusammen ein Unternehmen gründen würden. Beide haben sich allerdings nie in angestellten Positionen gesehen. Es ist der Wille zur Gestaltung, zur Umsetzung der eigenen Ideen, der Thomas und Ingo Fraedrich antreibt. Sie entstammen keiner Unternehmerfamilie, in der die Selbstständigkeit schon immer für sie vorgezeichnet war. Aber für die eigenen Vorstellungen und Visionen zu arbeiten, das haben sie in ihrem Kasseler Elternhaus gelernt.

Eigene Ideen umsetzen
Seit den Gründungstagen hat VetZ dabei in finanziellen Dingen immer der Sparkasse Hannover vertraut. „Bei der Finanzierung unserer Projekte war uns unsere Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit immer wichtig.“ Mit der Sparkasse ist dieser wichtige Anspruch erfüllt. So ist der Weg frei, auch in Zukunft Ideen und Projekte sicher und solide zu verwirklichen.
Neben dem Hauptprodukt Software ist VetZ auch im Hardwarebereich ganz vorne mit dabei. Das mobile digitale Röntgengerät XDR 5 ist nicht größer als ein Aktenkoffer und bietet gestochen scharfe Aufnahmen. Selbstverständlich überträgt das Gerät mittels der hauseigenen Software die digitalen Aufnahmen drahtlos direkt in die digitale Patientenakte.

Keine Nachwuchssorgen
Ganz und gar nicht digital übrigens ist der Eindruck von dem repräsentativen Bürogebäude, in dem VetZ seit gut drei Jahren seinen Sitz hat. Darauf angesprochen, ist Thomas Fraedrich ganz in seinem Element. „Wir verbringen hier den größten Teil des Tages“, so der Bauingenieur, „und unsere derzeit 41 Mitarbeiter auch. Deshalb ist es uns wichtig, dass man sich hier wohlfühlen kann.“ Die Ansprüche an den Architekten waren hoch:  ästhetisch und funktional sollte der Entwurf sein. Das ist gelungen.
Das Gebäude überzeugt durch viel Licht, viel Platz, edles Design. Bilder von Pferden, Hunden oder Kaninchen sucht man hier vergeblich. „Unsere Kunden sind Tierärzte, nicht Tierhalter. Und in unseren Büros sollen erwachsene Menschen arbeiten.“ Das klappt bisher hervorragend. Nachwuchssorgen kennt man bei VetZ nicht.
Als nächste Herausforderung hat VetZ jetzt webbasierte Anwendungen im Blick, in denen das Brüderpaar noch viel ungehobenes Potential sieht. Neben der bekannten Zielgruppe „Tierärzte“ wollen sie auch die Tierhalter zukünftig besser kennenlernen. Eine mobile App etwa für die Kommunikation zwischen Tierarzt und Tierhalter ist in Deutschland bisher noch Zukunftsmusik, international aber durchaus im Bereich des Denkbaren. Und dass VetZ den Weg der Internationalisierung konsequent weiter beschreiten wird, steht außer Frage. Bereits heute sind die Produkte von VetZ in fast allen europäischen Ländern zu finden. „In fünf Jahren wollen wir der weltweit führende Anbieter von Praxis- und Bildmanagementsoftware für Tierärzte sein.“
Veranstaltungstipps

Termine für Unternehmer von morgen

Gewappnet gegen Cyberangriffe
Hacker können viel Unheil anrichten. Die IT kann ausfallen, Daten ausgespäht und die Produktionsanlagen lahmgelegt werden – alles mit ernsten Konsequenzen. Die IHK bringt mit ihrem Expertenteam aus Sicherheitsunternehmen und -behörden Unternehmen auf den neuesten Stand. Hierfür sorgt ein Mix aus Kurzvorträgen und individueller Beratung.
Zeit: 25.04.2016, 13 – 17 Uhr
Ort: IHK Hannover, Schiffgraben 49, 30175 Hannover
Veranstalter: IHK Hannover
Kosten: 80 € + 19 % USt. (95,20 € brutto)
Infos: www.hannover.ihk.de/veranstaltungen/


Digital Natives verstehen
Eine Generation von Kunden und Kollegen steht in den Startlöchern, die mit der Digitalisierung groß geworden ist. Sie leben digital vernetzt und haben bestimmte Erwartungen an Produkte und Dienstleistungen. Wie diese aussehen, hat der Medienwissenschaftler Prof. em. Dr. Michael Haller mit einer groß angelegten, empirischen Studie unter die Lupe genommen. Der Autor des Buches „Was wollt ihr eigentlich? Die schöne neue Welt der Generation Y“ wird seine Ergebnisse dem Marketing-Club Hannover vorstellen.
Zeit: 19.04.2016, 19 Uhr (Vortragsbeginn 19.30 Uhr)
Ort: KULTURZENTRUM FAUST, Zur Bettfedernfabrik 3, 30451 Hannover
Veranstalter: Marketing-Club Hannover
Kosten: freier Eintritt für Mitglieder des Marketing-Clubs, Gäste zahlen 35 Euro
Infos: http://www.marketingclub-hannover.de/veranstaltungen/vorschau/

 

Digitale Lösung für Logistikunternehmen

Das Pflegen eines Fahrtenbuches ist eine mühsame Aufgabe, die viel Zeit in Anspruch nimmt. Einfach darauf verzichten geht leider nicht, sich diesen Aufwand erheblich zu erleichtern, schon. Mit dem Betriebsfahrtenbuch der Bornemann AG, dem Bornemann Logbook Portal, wird einem die lästige Schreibarbeit abgenommen. Mit nur einem Klick lassen sich alle Fahrten in einem virtuellen Fahrtenbuch bearbeiten. Eine im Fahrzeug verbaute GPS-Box zeichnet alle Touren auf und sendet diese an ein Rechenzentrum weiter. Von dort gelangen die Daten via Internet auf den Firmencomputer. Um die Daten dort öffnen zu können, benötigt man lediglich einen aktuellen Browser. Das Fahrtenbuch ist auf die Anforderungen des Finanzamtes vorbereitet. Eine Prüfung der Anerkennung muss allerdings das lokale Finanzamt vornehmen.
Mehr dazu: http://www.bornemann.net/elektronisches-fahrtenbuch/
Buchtipp

Buchtipp: Wie können traditionelle Unternehmen im digitalen Business mitmischen?

Die Wirtschaft hat ihr Gesicht verändert: neue Technologien, neue Geschäftsmodelle, neue Unternehmen – und diese haben sich zu Weltkonzernen wie Google und Facebook gemausert. Doch wie können traditionelle Unternehmen hier mitmischen? Indem sie neu denken. Das ist die Grunderkenntnis, die die Autoren Christian Hoffmeister und Yorck von Borcke teilen. Sie bringen Licht ins Dunkel der Digitalwirtschaft, haben bestehende Geschäftsmodelle analysiert und systematisiert und 22 Erfolgsprinzipien herausgearbeitet. Dahinter steckt viel Bekanntes verkleidet mit ausgefallenen englischen Namen – allerdings ausgerichtet auf digitale Geschäftsmodelle. Die Praxisbeispiele helfen dabei, eigene Geschäftsideen zu entwickeln und Fehler anderer zu vermeiden.

Christian Hoffmeister/Yorck von Borcke:
"Think new! 22 Erfolgsstrategien im digitalen Business"
Carl Hanser Verlag 2014
ISBN-10: 3446442286
Als ebook: ISBN: 978-3-446-44180-4