„Das mit den Tierärzten war eigentlich Zufall.“ Die Antwort von Ingo Fraedrich auf die Frage nach seiner Kundenzielgruppe sorgt für Überraschung. Wenigstens hatte man damit gerechnet, dass Vater, Schwester oder Ehefrau im tiermedizinischen Bereich zu Hause sind. Warum sonst hätte der Elektroingenieur Ingo Fraedrich zusammen mit seinem Bruder Thomas, einem Bauingenieur, ein Unternehmen gründen sollen, das Software für Tierarztpraxen und Tierkliniken entwickelt?
„Wir haben während unseres Studiums in Hannover im Verbindungshaus des ARC (Akademischer Reitclub Hannover) gewohnt“, wird man aufgeklärt. „Für einen der Mieter habe ich damals – mehr als Hobby und noch unter MS-DOS – eine Software programmiert, mit der er die Kalkulationen für sein Start-up optimieren konnte.“ Ingo Fraedrich hat bis heute sichtlich Spaß an der Geschichte. „Ein anderer Kollege sah das und wollte es sofort für seine Tierarztpraxis adaptiert haben. Für mich wurde es da zu kompliziert, denn ich bin eigentlich kein Programmierer. Deshalb kam dann mein jüngerer Bruder ins Spiel.“
Digitale Integration
Das Gründerduo glaubt fest an die Sinnhaftigkeit der Digitalisierung. Wobei dieses Schlagwort bei der Veterinärmedizinisches Dienstleistungszentrum (VetZ) GmbH nicht einfach nur bedeutet, dass alle Prozesse digital abgebildet werden. „Echte Digitalisierung bedeutet für uns digitale Integration“, so Thomas Fraedrich (auf dem Foto rechts). Für die Produkte von VetZ heißt das, dass die gesamte Praxisverwaltung über eine einzige Oberfläche abgewickelt wird. Terminkoordination, Tierhalterstammdaten, Kommunikation, Rechnungsstellung oder die Integration bildgebender Verfahren – easyVet integriert alle Bedürfnisse einer Tierarztpraxis oder –klinik unter einer einzigen Oberfläche, und das mit bis zu 500 Arbeitsplätzen.
„Eine Digitalkamera ist noch keine Digitalisierung“, erklärt der ältere Bruder beispielhaft, während der jüngere zustimmend nickt. Natürlich müsse auch die Ablage der Fotos digital geschehen, und das Betrachten der Bilder auf dem Monitor gehöre ebenfalls dazu. Dass man dafür nicht zahlreiche verschiedene Programme öffnen muss, sondern auf alles in einem System zugreifen kann, ist für Ingo Fraedrich selbstverständlich. Als Beispiel erwähnt er das berühmte Unternehmen mit dem Apfel-Logo aus dem kalifornischen Cupertino.
Auch bei VetZ in Kirchhorst läuft alles digital. Papier gibt es hier nur noch, soweit es erforderlich ist. Im Posteingang wird jedes Dokument gescannt. Und von der Aufgabenliste über die interne und externe Kommunikation bis hin zur Kalkulation, Kundenverwaltung oder Zeiterfassung: Zettelwirtschaft sucht man hier vergeblich. Die hauseigene Software hat Thomas Fraedrich bedürfnisgerecht selbst programmiert.
Vertrauen und klare Zuständigkeiten
Fast zwanzig Jahre nach der Programmierung der ersten Software sitzen die Brüder einträchtig miteinander am Tisch. Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, wissen auch die beiden Gründer und Geschäftsführer der VetZ GmbH im Isernhagener Gewerbegebiet Kirchhorst ganz genau. Was haben die Fraedrichs also richtig gemacht? Sie haben zum einen die Verantwortungsbereiche klar getrennt. Ingo Fraedrich ist für den Vertrieb zuständig, Thomas Fraedrich für alles Technische. Zum anderen vertrauen sie einander und verstehen sich auch privat immer noch gut. So können sie nach einer Geschäftsreise in die USA auch ein paar freie Tage beim Skifahren in Colorado zusammen genießen.
Ursprünglich war es keineswegs geplant, dass die Brüder zusammen ein Unternehmen gründen würden. Beide haben sich allerdings nie in angestellten Positionen gesehen. Es ist der Wille zur Gestaltung, zur Umsetzung der eigenen Ideen, der Thomas und Ingo Fraedrich antreibt. Sie entstammen keiner Unternehmerfamilie, in der die Selbstständigkeit schon immer für sie vorgezeichnet war. Aber für die eigenen Vorstellungen und Visionen zu arbeiten, das haben sie in ihrem Kasseler Elternhaus gelernt.
Eigene Ideen umsetzen
Seit den Gründungstagen hat VetZ dabei in finanziellen Dingen immer der Sparkasse Hannover vertraut. „Bei der Finanzierung unserer Projekte war uns unsere Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit immer wichtig.“ Mit der Sparkasse ist dieser wichtige Anspruch erfüllt. So ist der Weg frei, auch in Zukunft Ideen und Projekte sicher und solide zu verwirklichen.
Neben dem Hauptprodukt Software ist VetZ auch im Hardwarebereich ganz vorne mit dabei. Das mobile digitale Röntgengerät XDR 5 ist nicht größer als ein Aktenkoffer und bietet gestochen scharfe Aufnahmen. Selbstverständlich überträgt das Gerät mittels der hauseigenen Software die digitalen Aufnahmen drahtlos direkt in die digitale Patientenakte.
Keine Nachwuchssorgen
Ganz und gar nicht digital übrigens ist der Eindruck von dem repräsentativen Bürogebäude, in dem VetZ seit gut drei Jahren seinen Sitz hat. Darauf angesprochen, ist Thomas Fraedrich ganz in seinem Element. „Wir verbringen hier den größten Teil des Tages“, so der Bauingenieur, „und unsere derzeit 41 Mitarbeiter auch. Deshalb ist es uns wichtig, dass man sich hier wohlfühlen kann.“ Die Ansprüche an den Architekten waren hoch: ästhetisch und funktional sollte der Entwurf sein. Das ist gelungen.
Das Gebäude überzeugt durch viel Licht, viel Platz, edles Design. Bilder von Pferden, Hunden oder Kaninchen sucht man hier vergeblich. „Unsere Kunden sind Tierärzte, nicht Tierhalter. Und in unseren Büros sollen erwachsene Menschen arbeiten.“ Das klappt bisher hervorragend. Nachwuchssorgen kennt man bei VetZ nicht.
Als nächste Herausforderung hat VetZ jetzt webbasierte Anwendungen im Blick, in denen das Brüderpaar noch viel ungehobenes Potential sieht. Neben der bekannten Zielgruppe „Tierärzte“ wollen sie auch die Tierhalter zukünftig besser kennenlernen. Eine mobile App etwa für die Kommunikation zwischen Tierarzt und Tierhalter ist in Deutschland bisher noch Zukunftsmusik, international aber durchaus im Bereich des Denkbaren. Und dass VetZ den Weg der Internationalisierung konsequent weiter beschreiten wird, steht außer Frage. Bereits heute sind die Produkte von VetZ in fast allen europäischen Ländern zu finden. „In fünf Jahren wollen wir der weltweit führende Anbieter von Praxis- und Bildmanagementsoftware für Tierärzte sein.“